CDU fordert Einrichtung eines Gemeindebezirks für die ehemals selbstständige Gemeinde Wollmatingen
Die CDU-Fraktion stellt folgenden Antrag:
1) auf Einrichtung eines Gemeindebezirks für die ehemals selbstständige Gemeinde Wollmatingen (= heute die Konstanzer Stadtteile Wollmatingen, Fürstenberg und Industriegebiet) direkt nach den Kommunalwahlen am 09. Juni 2024;
2) sowie die Bestellung eines Bezirksbeirates für die ehemals selbstständige Gemeinde Wollmatingen und damit verbunden die Änderung der städt. Hauptsatzung und Ausarbeitung einer Bezirksverwaltung für Wollmatingen;
3) ferner wird beantragt, aufgrund der Zwangseingemeindung der früher selbständigen Gemeinde Wollmatingen, eine Selbstverwaltung wie bei räumlich getrennten Ortschaften als Wiedergutmachung zu prüfen, so dass bei künftigen Kommunalwahlen Ortschaftsräte direkt gewählt werden können und die Ortschaft Wollmatingen eine eigene Ortsverwaltung, -verfassung und ein Ortsbudget erhält.
Ausführung
Das Jahr 2024 ist für Wollmatingen in zweifacher Hinsicht ein besonderes Jahr: im Jahr 724 wurde das Dorf Wollmatingen in der Gründungsurkunde des Klosters Reichenau erstmals erwähnt und kann somit heuer auf eine 1.300 Jahre alte Geschichte blicken. Zum anderen wurde das Dorf Wollmatingen mit Wirkung vom 01.08.1934 nach Konstanz eingemeindet: vor 90 Jahren.
Laut Statistik der Stadt Konstanz leben im Jahr 2023 im Stadtteil Wollmatingen 6.743 Einwohner, im Stadtteil Fürstenberg 12.490 und im Stadtteil Industriegebiet 1.215 Einwohner. Insgesamt leben heute also 20.448 Konstanzerinnen und Konstanzer auf der Gemarkung der ehem. Gemeinde Wollmatingen. Bei einer Gesamteinwohnerzahl in Konstanz von 87.360 entspricht dies knapp 23,5 % der Konstanzer Bevölkerung.
Die in den 1970er Jahren eingemeindeten Dörfer Litzelstetten (1971) mit 3.818, und Dingelsdorf (1975) mit 2.078 Einwohnern konnten bei ihrem freiwilligen Zusammenschluss mit der Stadt Konstanz vertraglich eine Ortsverfassung etc. vereinbaren. Dettingen-Wallhausen (2023 mit 4.550 Einwohner) wehrte sich bis 1975 zwar gegen die Eingemeindung, konnte diese jedoch letztlich nicht verhindern. Aber auch hier entstand eine Ortsverfassung mit Ortschaftsrat etc. Wollmatingen wurde 1934 gegen den Willen eines Großteils der Bewohner durch Erlass des Innenministeriums vom 17.07.1934 / Nr. 66977 mit Wirkung am 01.08.1934 mit der Stadt Konstanz zwangsvereinigt – eine dauerhafte kommunale Verwaltung vor Ort fehlt allerdings bis heute.
Bereits in den Jahren 1924/25 gab es Bestrebungen Wollmatingen mit Konstanz zu vereinigen. Die Wollmatinger konnten dies jedoch erfolgreich abwehren. Erst zu Beginn des Nationalsozialismus im neuen Unrechtsstaat ab 1933 und dem Ermächtigungsgesetz konnte diese Eingemeindung mit dem „Recht des Stärkeren“ durchgesetzt werden. Für einen Zusammenschluss seien zwei Wege gegeben, der friedliche Weg und der Zwang. Nach Verhandlungen mit der badischen Regierung konnte der Konstanzer Bürgermeister Hermann am 08.03.1934 seinem Stadtrat verkünden: „Der Zusammenschluss wird hiernach erfolgen. Wenn eine Einigung zwischen der Gemeinde Wollmatingen und der Stadt Konstanz nicht zustande kommt, wird die Vereinigung durch die Regierung ausgesprochen werden.“ Wollmatingen beugte sich – widerstrebend – diesem Zwang.
Begründungen
Ein so großer Stadtteil wie Wollmatingen mit nunmehr knapp 23,5 % der Konstanzer Bevölkerung – nach Fertigstellung des Baugebiets „Hafner Nord“ wird sich der Anteil weiter nach oben verschieben – hat bislang keine ausreichende, eigene Möglichkeit sich Gehör für den Stadtteil betreffende Angelegenheiten im Stadtrat und der Verwaltung der Stadt Konstanz zu verschaffen, Mitsprache und Mitentscheiden bleiben gänzlich außen vor.
Zu 1) Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg gibt in den §§ 64f die Möglichkeit, Gemeindebezirke und Bezirksverwaltungen einzurichten. Diese Möglichkeit der Mitwirkung sieht die GemO seit 2015 für im Zusammenhang bebauter Stadtteile wie z.B. Wollmatingen vor. Gemäß § 65 GemO können Mitglieder für einen Bezirksbeirat bestellt werden, also nicht direkt gewählt. Die notwendigen Beschlüsse dafür könnten gefasst und der Bezirksbeirat nach den Kommunalwahlen am 09.06.2024 bereits in diesem Jahr eingerichtet werden.
Zu 2) Seit der Reform der Gemeindeordnung Baden-Württemberg 2015 gibt es diese Möglichkeit in Großen Kreisstädten wie Konstanz – zuvor war dies nur in Städten mit über 100.000 Einwohnern möglich. Damit könnte eine direkte Mitwirkung z.B. bei Bebauungsplanverfahren, Verkehrsführungen und Baugenehmigungen etc. erreicht werden.
Zu 3) Üblicherweise können Ortschaftsräte, Ortsverwaltungen und -räte nur in räumlich getrennten Vororten eingerichtet werden. Für ehemals selbstständige Gemeinden, die im Dritten Reich gegen ihren Willen zwangseingemeindet wurden, besteht auch die Möglichkeit einer Beantragung einer Ausgemeindung, oder dass die Stadt selbst entscheidet, diesen Unrechtsakt abzumildern und dieser Gemeinde eine rechtliche Stellung einräumt, wie bei getrennten Ortsteilen. Hierzu sei als Präzedenzfall Karlsruhe- Durlach genannt. Als im Zusammenhang bebauter Stadtteil, hat Durlach 1989 erreicht, da die Eingemeindung im Jahr 1938 durch einen Unrechtsakt zwangsweise erfolgte, dass eine eigene Ortschaftsverfassung und ein Ortschaftsrat zugestanden wurde. Daher könnte die Stadt Konstanz als Wiedergutmachung des erfolgten Unrechtsaktes dies Wollmatingen ebenfalls zugestehen.
Die Stadt Konstanz forciert zunehmend die zufällige Bürgerbeteiligung bei wichtigen städtischen Entscheidungen. Die CDU Konstanz begrüßt die direkte Einbindung der Konstanzerinnen und Konstanzer, präferiert jedoch demokratische Strukturen, die durch gewählte Räte gegeben sind. Aus diesem Grund beantragen wir die Schaffung einer institutionellen Bürgerbeteiligung für die Wollmatinger und damit ca. 23.5 % der Konstanzer Bevölkerung.